Painter (Heinrich Hoerle)
August Sander
Painter (Heinrich Hoerle), 1928
Gelatine Silver Print
Unique Exhibition Print
79.4 x 60.4 cm
Der Maler aus dem Jahr 1928 ist zweifelsohne ein ikonisches Meisterwerk im Werk von August Sander. Wir sehen einen jungen Mann, der uns mit einem klaren, festen Blick anschaut. Die Textur seines hellen Hemdes und seiner Krawatte, die feinen Strukturen seiner Haut und seiner Haare sind von intensiver Detailgenauigkeit und Qualität und laden den Betrachter ein, genauer hinzusehen. Aber auch das intensive Antlitz des Mannes fängt den Blick des Betrachters mit einer Mischung aus Aufmerksamkeit, Begeisterung, Stolz und einem Funken Humor ein. Es ist Heinrich Hoerle, der berühmte, 34-jährige deutsche Maler und Progressivist der 1920er Jahre, der in die Linse seines Freundes August Sander, Fotograf und Chronist einer ganzen Epoche, blickt.
Die Freundschaft zwischen Hoerle und Sander begann in den frühen 1920er Jahren und beruhte auf einem intensiven gegenseitigen Austausch. Sander genoss es, von Künstlern und Kunst umgeben zu sein. In seinem Fotoatelier in Köln, wurden Reproduktionen von Werken Hoerles und des Kreises der Kölner Progressiven angefertigt. Und da das Geld zuweilen knapp war, ließ sich Sander gelegentlich mit Kunst bezahlen. Darüber hinaus sorgte er für einen regen Austausch von ausgestellten Kunstwerken in den Räumen des Wohnhauses und Ateliers der Familie Sander. So ist beispielsweise das Arrangement zweier Fotoporträts von Franz Wilhelm Seiwert und Heinrich Hoerle, das über dem Ofen in seinem Arbeitszimmer hing, unter Kennern bekannt.
Auch jenseits von Auftragsarbeiten porträtierten sich die Mitglieder der Kölner Progressiven gegenseitig in ihrem jeweiligen Medium. Eine Reihe von Porträts, die Heinrich Hoerle von seinen Künstlerfreunden Künstlerfreunden erstellt hat, ist von jedem Künstler signiert und dokumentiert ihre enge Beziehung. In diesem Zusammenhang porträtiert Sander Hoerle im Jahr 1928. Indem er die markanten Konturen seines Gesichts hervorhebt, komponiert er Hoerle so, dass er einer Figur in einem von Hoerles eigenen Gemälden ähnelt. Als Paragone zeigt Sander hier, was die Fotografie kann und vor allem, was er mit dem fotografischen Medium anzustellen vermag.
Rückblickend markieren die 1920er Jahre eine intensive Phase in Sanders Werk. Das einzigartige kulturelle und gesellschaftliche Umfeld der Zwischenkriegszeit beeinflusste die konzeptionelle Herangehensweise an sein Großprojekt Menschen des 20. Jahrhunderts (People of the 20th Century). Als Vorwort zu seiner Veröffentlichung gedacht, zeigte das Buch Antlitz der Zeit 1929 eine vorausgewählte Zusammenstellung von 60 Porträts. Es zeigt Menschen aus allen gesellschaftlichen Milieus gleichermaßen als individuelle Wesen und als repräsentative Teile ihres jeweiligen soziokulturellen Kontextes als sogenannte Typen. Antlitz der Zeit bleibt im Laufe der Geschichte Sanders einziges zu Lebzeiten realisiertes Buchprojekt.
Und doch baute Sander weiter an seinem Opus magnum Menschen des 20. Jahrhunderts (People of the 20th Century). In der Systematik dieses Werkes spielt die Gruppe der Künstler eine herausragende Rolle. Einem ganzheitlichen Ansatz folgend, finden sich in der Gruppe V. Die Künstler Vertreter aller Künste: Schriftsteller, Schauspieler, Architekten, Baukünstler, Bildhauer, Maler, Komponisten und Dirigenten, aber auch eproduzierende Musiker. Hier finden sich viele seiner engen Freunde wieder, die in fast allen in fast allen Aspekten ihres gesellschaftlichen Bildes. In den Jahren nach dem Tod von August Sander 1964 führte sein Sohn und Lehrling im Fotostudio der Familie, Gunther Sander, das Werk seines Vaters fort. Durch durch kontinuierliche Veröffentlichungen und Ausstellungen versuchte Sander, es der deutschen und internationalen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Im Jahr 1980 realisierte er eine erste Fassung der Menschen des 20. Jahrhunderts (People of the 20th Century). Schon vorher, 1972, druckte Gunther Sander eine Auswahl von 100 Bilder in einem sehr seltenen Überformat für die Ausstellung Menschen ohne Maske: Gesichter Deutschlands 1910-1938. Darunter auch diese einzigartige Version von Hoerle als Der Maler.