7 - 10.Nov 2024
Larry Fink. Tough Cookie - Early Prints from the Gerd Sander Collection
31.Aug - 30.Nov 2024
31. August – 30. November 2024
Eröffnung Freitag, 30. August, 18-21 Uhr
Öffnungszeiten DC Open Weekend: Samstag, 31. August 13 – 19 Uhr, Sonntag, 1. September 13 – 17 Uhr
Die Ausstellung Larry Fink – Tough Cookie. Early Prints from the Gerd Sander Collection ist eine Hommage an den US-amerikanischen Fotografen, der im November 2023 im Alter von 82 Jahren verstorben ist. Der Fokus der Präsentation liegt auf seiner Portraitserie Social Graces, mit der der gebürtige New Yorker internationale Berühmtheit erlangte. Entstanden in den 1970er Jahren, wurde sie 1979 im Museum of Modern Art erstmals ausgestellt und 1984 in Buchform publiziert. In die 1970er Jahre fiel auch der Beginn der Zusammenarbeit des Fotografen mit Gerd Sander, der damals als Galerist in New York tätig war. Die in der aktuellen Ausstellung präsentierten Vintage-Abzüge stammen sämtlich aus dieser frühen Zeit der mehrere Jahrzehnte währenden, freundschaftlichen Kooperation der beiden.
Formal besticht die Werkgruppe Social Graces zunächst aufgrund der visuellen Kraft ihrer Einzelbilder: In enge Bildausschnitte gefasst, aus ungewöhnlichen Blickwinkeln und unter Verwendung eines von der Kamera getrennten Handblitzes aufgenommen, erscheinen die Portraitierten häufig von ihrem Umraum isoliert. Mitunter gnadenlos lenkt der Fotograf die Aufmerksamkeit der Betrachter dabei auf kleine, doch vielsagende Details – faltige Hände, geschürzte Lippen, tiefe Dekolletés. So entstehen extrem verdichtete, emotional aufgeladene Bilder. Ihre eigentliche, nachhaltige Wirkung aber entfaltet die Serie durch ihre Konzeption: Seine Portraits der wohlhabenden New Yorker Upper Class, die in den damals angesagtesten Clubs der Stadt wie dem Studio 54 entstanden sowie auf Ausstellungseröffnungen und Charity-Galas im MoMA oder auf DebütantInnenn-Bällen, konfrontierte Fink mit Aufnahmen seiner Nachbarn im ländlichen Martins Creek in Pennsylvania. Hier, etwa 140 km westlich von New York City, hatten er und seine Frau zwischenzeitlich eine Farm erworben. Die Bilder der ärmlichen Häuslichkeit der Familie Sabatine, aufgenommen auf Kindergeburtstagen, Graduation-Partys und anderen Festivitäten, zeugen von einer einfachen und entbehrungsreichen Existenz, transportieren jedoch gleichzeitig eine – mitunter chaotische – Lebendigkeit und familiäre Wärme, die in starkem Kontrast steht zum Snobismus und der kühlen Extravaganz der perfekt gestylten, privilegierten Manhattanites. Larry Finks starker Sinn für soziale Gerechtigkeit wurde ganz wesentlich geprägt von seinem linksintellektuellen Elternhaus – seine Mutter engagierte sich als Aktivistin gegen die Atomkraft, später bei den Black Panthers. Eine wichtige Mentorin war zudem die Fotografin Lisette Model, bei der Larry Fink eine – wenn auch kurze – Ausbildung erhielt und deren sozialkritische Bilder seinen Blick für gesellschaftliche Ungleichheiten weiter schärften.
Eindeutiger sozialer Kommentar zur Frage der Klassenzugehörigkeit, entsprang Social Graces Finks persönlicher „Wut auf die privilegierte Schicht, auf ihre Missbräuche, üppigen Falten und unerfüllten Leben“, wie er im Vorwort zu seinem Buch schreibt. Zugleich betont er hier jedoch auch, dass seine Bilder „im Geiste der Empathie entstanden. Emotionaler, körperlicher, sinnlicher Empathie. Diese Arbeit ist politisch, nicht polemisch.“ Und so sind es tatsächlich nicht nur die Gegensätze der
Existenzen am oberen und unteren Rand der Gesellschaft, die er ins Visier nahm. Klassenübergreifend dokumentieren seine Bilder die allen Menschen eigene, gleiche Ausgelassenheit, Sehnsucht, Einsamkeit und Melancholie, ganz gleich, ob im mondänen Uptown Club oder beim achten Geburtstag eines Jungen vom Lande.
Finks Arbeiten wurden vielfach publiziert, so u.a. in Vanity Fair, GQ, dem New York Times Magazine und im The New Yorker. Daneben veröffentlichte er während seiner sechs Jahrzehnte währenden Karriere zahlreiche Bücher und wurde vielfach ausgezeichnet, darunter mit zwei John Simon Guggenheim Fellowships (1976/1979) und zuletzt mit dem International Center for Photography Infinity Award for Lifetime Achievement (2017). Seine Werke befinden sich in bedeutenden internationalen Sammlungen, so u.a. dem Museum of Modern Art, New York, dem Metropolitan Museum of Art, New York, dem San Francisco Museum of Modern Art und der Bibliothèque Nationale de France, Paris.
Eine persönliche Notiz des Galeristen
Julian Sander
Larry Fink war ein alter Freund. Ich lernte ihn Ende der 1970er Jahre kennen, als er mit Social Graces den Durchbruch schaffte. Mein Vater Gerd Sander begann zu dieser Zeit, Larry zu vertreten. Larry war ein Schüler von Lisette Model, mit der mein Vater zusammengearbeitet hatte. Larry und mein Vater, beide Fotografen, entwickelten eine Freundschaft, die in ihrem Verständnis des fotografischen Mediums als Mittel zum Erzählen von Geschichten sowie in ihrer jeweiligen Sorgfalt und ihrem Verständnis der Mechanik des fotografischen Abzugs verwurzelt war.
Larry war eine rastlose Seele mit einer tiefen und leidenschaftlichen visuellen Stimme. Es war, als würde er mit seiner Kamera zur Musik des Lebens improvisieren, so wie er auf seiner Mundharmonika oder einem beliebigen Klavier spielen würde. Es ist Jazz, und er hat die Musik gesehen.
In unserer Ausstellung zeigen wir Werke, die hauptsächlich aus der Zeit von Social Graces stammen und mit denen Larry Fink zu einem festen Begriff unter den Kuratoren wurde. Er wurde eins mit der Umgebung, in der er fotografierte. Er fing die Momente ein, in denen die Menschen wahrhaftig waren, und hielt sie auf Film fest. Das ist Larry Finks Vermächtnis. Er hatte einen kühnen und unerschrockenen Blick auf die Freude und den Kummer, die Kraft und den Kampf, die tiefsten und wahrsten Seiten der Menschheit.
Wir freuen uns, Sie im Rahmen von Vernissage und Ausstellung in unserer Galerie begrüßen zu dürfen.
August 31 – November 30, 2024
Opening August 30, 6-9 pm
Opening Hours DC Open Weekend: Saturday August 31 1-7 pm, Sunday September 1 1 – 5 pm
The exhibition Larry Fink – Tough Cookie. Early Prints from the Gerd Sander Collection is a tribute to the American photographer, who died in November 2023 at the age of 82. The presentation focuses on his portrait series Social Graces, which brought the New York-born photographer international fame. Created in the 1970s, it was first exhibited at the Museum of Modern Art in 1979 and published in book form in 1984. The 1970s also saw the beginning of the photographer’s collaboration with Gerd Sander, who was working as a gallerist in New York at the time. The vintage prints presented in the current exhibition are all from this early period of the two’s friendly collaboration, which lasted several decades.
Formally, the Social Graces series of works is firstly captivating due to the visual power of its individual images: Framed in narrow frames, shot from unusual angles and using a handheld flash separate from the camera, the portrayed persons often appear isolated from their surroundings. Here, the photographer draws the viewer’s attention mercilessly to small yet telling details – wrinkled hands, pursed lips, deep décolletés. The result is extremely condensed, emotionally charged images. However, the series unfolds its true, lasting effect through its conception: Fink juxtaposed his portraits of New York’s wealthy upper class, which were taken in the city’s hippest clubs at the time such as Studio 54, as well as at gallery openings and charity galas at MoMA or at debutante balls, with photographs of his neighbors in rural Martins Creek in Pennsylvania. Here, about 85 miles west of New York City, he and his wife had bought a farm in the meantime. The images of the Sabatine family’s impoverished domesticity, taken at children’s birthdays, graduation parties and other festivities, bear witness to their simple and deprived existence, but at the same time convey a – sometimes chaotic – liveliness and familial warmth that stands in stark contrast to the snobbery and cold extravagance of the perfectly styled, privileged Manhattanites.
Larry Fink’s strong sense of social justice was significantly influenced by his left-wing intellectual parents – his mother was an activist against nuclear power and later joined the Black Panthers. Another important mentor was the photographer Lisette Model, with whom Larry Fink received an – albeit brief – apprenticeship and whose socially critical images further sharpened his eye for social inequalities.
A clear social commentary on the issue of class, Social Graces arose from Fink’s personal “rage against the privileged class – its abuses, voluptuous folds and unfulfilled lives”, as he writes in the foreword to his book. At the same time, however, he also emphasizes here that his photographs “were created in the spirit of empathy. Emotional, physical, sensual empathy. This work is political, not polemical.” And so, it is indeed not only the contrasts of existence at the high and low ends of society that he focused on. Across all classes, his images document the same joy, longing, loneliness and melancholy that is common to all people, whether in a fashionable uptown club or at a country boy’s eighth birthday party.
Fink’s work has been extensively published, among others in Vanity Fair, GQ, the New York Times Magazine and The New Yorker. He has also published numerous books during his six-decade career and has received many awards, including two John Simon Guggenheim Fellowships (1976/1979) and most recently the International Center for Photography Infinity Award for Lifetime Achievement (2017). His photographs can be found in major international collections, including the Museum of Modern Art, New York, the Metropolitan Museum of Art, New York, the San Francisco Museum of Modern Art and the Bibliothèque Nationale de France, Paris.
A personal note from the gallerist
Julian Sander
Larry Fink was an old friend. I met him in the late 1970’s when he was having his breakthrough moment with Social Graces. My father, Gerd Sander started to represent Larry around this time. Larry was a student of Lisette Model, with whom my father had been working. Larry and my father, both photographers, developed a friendship that was rooted in their understanding of the photographic medium as a means of telling stories, as well as through their respective care and understanding of the mechanics of the photographic print.
Larry was a restless soul with a deep and passionate visual voice. He looked into unexpected places and captured the raw and the poetic therein. It was like he was improvising to the music of life with his camera, just like he would play his harmonica or any piano that was at hand. It is jazz, and he saw the music.
This exhibition consists of works primarily from Social Graces. It is the point at which Larry Fink became a household name among curators. The works are poignant, raw and truly unapologetic. He became one with the environment in which he photographed. He captured the moments when people were true and bound them to film. This is Larry Finks legacy. His is the bold and unflinching view into the joy and sorrow, the power and struggle, the deepest truest parts of humanity.
We look forward to welcoming you to our gallery for the opening and exhibition.